Einfach mal den Rahmen wechseln

Auf ein Wort

Heidrun Greine, Pfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Paderborn

Heidrun Greine, Pfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Paderborn

Der Herbst hat begonnen und mit der Kälte und der Dunkelheit erwacht in vielen Menschen der Wunsch nach Veränderung. Die Möbelgeschäfte haben das bereits herausgefunden und so stapeln sich bestimmt auch bei Ihnen die unterschiedlichsten Möbelprospekte. Man könnte sich jetzt ein neues Sofa gönnen oder einen modernen Wohnzimmertisch. Könnte man, aber ich habe eine andere Idee. Wie wäre es mit einem neuen Rahmen? Sie brauchen dafür kein Gemälde, kein handwerkliches Geschick und auch kein Geld. `Reframing` heißt das Konzept, das es ermöglicht ein Problem oder das Verhalten eines Menschen anders zu betrachten. Man setzt das Verhalten einfach in einen anderen Rahmen.

Wie der Fußballtrainer Otto Rehagel, der auf einen schwierigen Spieler angesprochen sagte: „Spieler, die mir keine Probleme machen, kann ich nicht gebrauchen, die machen dem Gegner ja auch keine!“ Und schon ist die Sicht auf den Streit eine andere. Man kann dem Menschen positiv gestimmt begegnen und das Problem lösen.

In der Bibel finden wir ebenfalls Beispiele für diese Betrachtungsweise. Viele Geschichten erzählen davon, wie Jesus auf Menschen zugeht, die in der damaligen Gesellschaft nicht anerkannt waren, die am Rand standen. Jesus isst mit Zachäus – dem von der römischen Besatzungsmacht eingesetzten Zöllner – und macht ihn dadurch gesellschaftsfähig. Jesus segnet die Kinder, von denen selbst seine Jünger finden, dass sie zu jung seien um seine Botschaft zu verstehen, und spricht ihnen Kompetenz zu. Jesus sieht in jedem Menschen das Potential und nicht das Defizit.

Gott selbst macht uns auf die vielfältigen Möglichkeiten des Zusammenlebens aufmerksam und ermutigt uns diese auszuprobieren. Jeder und jede kann für sich überlegen, ob die Welt durch sie oder ihn selbst dann friedlicher und freundlicher würde. Vielleicht wäre das eine schöne Möglichkeit der Veränderung für uns alle in dieser kalten und dunklen Herbstzeit.

Auch mein Verhalten könnte ich dann anders betrachten und gnädiger mit mir selbst umgehen. Wenn ich mich frage „Bin ich faul, wenn ich diese Dinge nicht sofort erledige?“, dürfte ich antworten: „Nein, ich gönne mir nur etwas Ruhe und Entspannung, um neue Kräfte zu sammeln.“ Mit dieser Einstellung brauche ich vielleicht kein neues Sofa, sondern nur diesen neuen Rahmen.

Heidrun Greine, Studierendenpfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde Paderborn (ESG)

Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 22. Oktober 2021.