So verletzlich wie der Mensch
Communicare in der evangelischen Kirche Warburg zeigt Arbeiten von Cengiz Hartmann
Von Burkhard Battran
Warburg. Communicare heißt, miteinander sprechen. Das ist auch die Intention der Ausstellung. „Es geht darum, einen neuen Blick auf das Bekannte zu bekommen und auch über die Kunst die Kirchenbesucher zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Ort anzuregen“, erklärt Pfarrer Karl-Heinz Bartsch (73), der 1996 das Communicare-Projekt aus der Taufe gehoben hat. Inzwischen hat sich die zweijährig stattfindende Communicare zu einem bedeutenden Kunstprojekt im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn entwickelt. Inzwischen ist Pfarrer Bartsch auch längst im Ruhestand, aber sein Communicare-Projekt liegt ihm weiterhin sehr am Herzen. „Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis, denn diese Ausstellung gibt der Gemeinde auch spannende Impulse“, sagt eine Besucherin.
Alle zwei Jahre tritt die evangelische Kirche Maria im Weinberg in Warburg, eine ehemalige Klosterkirche des 1281 gegründeten Warburger Dominikanerklosters in den Dialog mit zeitgenössischer Kunst. In diesem Jahr sind dort Arbeiten des Detmolder Künstlers Cengiz Hartmann (34) zu sehen.
In der Mitte der Kirche, wo sonst eigentlich das Gestühl für den Gottesdienst stehen würde, befinden sich zwei kreuzweise übereinander gelegte ausgehöhlte Ulmenstämme. Das Werk heißt „Becoming Human“ – zu deutsch „Menschwerdung“. Was es mit dieser Menschwerdung auf sich hat, sieht man erst bei näherem Hinsehen. Diese Baumstämme haben Risse, die mit Nadel und Faden fein säuberlich wie bei einer Wundbehandlung genäht wurden. Es gibt Steine, die wie Pflaster in Löcher eingepflanzt wurden. Auch wenn diese Installation stark und robust zu wirken scheint, ist sie doch voller kleinster Verletzungen, was sie zu einer Allegorie des Menschen und der Natur an sich macht.
Die Objekte von Cengiz Hartmann sind so verletzlich wie der Mensch selbst. Manche Wunden verheilen gut, andere reißen immer wieder auf, was Cengiz Hartmann an notdürftig überbrückten, klaffenden Spalten zeigt. „In meinen Arbeiten konzentriere ich mich darauf, Objekte auf das Wesentliche zu reduzieren“, sagt der Künstler.
Cengiz Hartmann arbeitet seit 2019 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Innenarchitektur an der Technischen Hochschule OWL in Detmold. Er ist Mitglied des Deutschen Werkbundes des Lippischen Künstlerbundes. Cengiz Hartmann stellt seine Werke international in Galerien und auf Messen aus. Gerade erst im April war Hartmann auf der Desgin-Week in Mailand vertreten. Im letzten Jahr hat Cengiz Hartmann unter anderem in Amsterdam, Brüssel, der Villa Salazar am Comer See, Rotterdam und Lissabon ausgestellt. „In meiner Praxis als Künstler versuche ich, die Einzigartigkeit des Äußeren zu begreifen und damit auch das Innere, das Wesen des Objekts zu verstehen“, erklärt der Künstler.
Für Pfarrer Barsch und die Evangelische Kirchengemeinde Altkreis Warburg geht es vor allem aber auch um das Erlebnis ihres Kirchenraumes. Was macht die Kunst mit dem Ort und wie hilft die Kunst dabei, das Bekannte mit neuen Augen zu entdecken? „Ich kenne nun wirklich jeden Winkel und jedes sakrale Element dieser Kirche, aber mit jeder Communicare-Ausstellung trete ich auch wieder in einen neuen Dialog mit diesem wunderbaren Ort“, sagt Pfarrer Bartsch, der hoffentlich noch viele Communicare-Ausstellungen organisieren wird, denn eine Nachfolge für dieses seit fast 30 Jahren bestehende Kunstprojekt ist bislang nicht in Sicht.
Die aktuelle Ausstellung „Communicare 2024“ mit Arbeiten des Detmolder Künstlers Cengiz Hartmann ist bis zum 15. September zu den Öffnungszeiten der evangelischen Kirche Maria im Weinberg am Warburger Brüderkirchhof zu sehen. Der Eintritt ist frei.