ForuM-Studie zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen

in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland

Am 25. Januar 2024 wurden von einem unabhängigen Forschungsverbund die Ergebnisse der ForuM-Studie zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland der Öffentlichkeit vorgestellt.

Das Forschungsprojekt wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland mit ihren 20 Landeskirchen initiiert und finanziert. Ziel des Projektes war es, eine Analyse evangelischer Strukturen und systemischer Bedingungen, die sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch begünstigen, vorzulegen. In der Studie sind Betroffene selbst umfangreich zu Wort gekommen und haben an der Forschung mitgewirkt.

Die Studie zeigt, dass es in der Evangelischen Kirche und Diakonie sexualisierte Gewalt gab und gibt. Sie dokumentiert auch das Versagen von Personen und Institutionen. Deutlich wird, dass es weit mehr Opfer sexualisierter Gewalt gegeben hat als bislang bekannt. In der Studie ist von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern sowie einer hohen Dunkelziffer die Rede.

Die Studie bildet eine neue systematische Grundlage für die institutionelle Aufarbeitung innerhalb der evangelischen Kirche. Sie hilft dabei, Zusammenhänge besser zu verstehen und Risiken zu minimieren. Sie betont die Daueraufgabe, entschlossen und sorgfältig gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen. Kirchliche Räume sollen in Zukunft überall und für alle Menschen sichere Orte sein. Dazu trägt in der Evangelischen Kirche von Westfalen das 2021 in Kraft getretene Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt bei.

Im Umgang mit sexualisierter Gewalt ist der evangelischen Kirche wichtig: die Unterstützung betroffener Personen, die Aufarbeitung (als Aufklärung von und Auseinandersetzung mit Taten), die Präventionen künftiger Fälle (durch umfassende Präventionsmaßnahmen auf allen Ebenen von Kirche und Diakonie) und die Intervention bei aktuellen Fällen.

Im Kirchenkreis Paderborn ist dafür 2021 die Fachstelle Schutz vor sexualisierter Gewalt eingerichtet worden. Die Fachstelle übernimmt hauptamtlich die Aufgaben, Präventionsschulungen für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende durchzuführen, Gemeinden und Institutionen des Kirchenkreises bei der Erstellung der Schutzkonzepte zu unterstützen sowie Interventionsprozesse und Beratungen zu begleiten.

„Jeder Fall sexualisierter Gewalt ist entsetzlich. Aufarbeitung und Aufklärung sind dringend notwendig. Ich bin dankbar, dass Betroffene es geschafft haben, sich zu äußern und uns unterstützen, dass wir uns als Kirche verändern“, erklärt Superintendent Volker Neuhoff und betont: „Ich finde es erschreckend, dass in der ForuM-Studie der Berufsstand der Pfarrpersonen so deutlich zur Tätergruppe gehört. Da müssen wir genau hinschauen. Wir lassen im Kirchenkreis auf verschiedenen Ebenen nicht nach bei der Auseinandersetzung mit dem Thema sexualisierte Gewalt“, so der Superintendent. Die Ergebnisse der ForuM-Studie werden kurzfristig in Gesprächen mit Mitarbeitenden des Kirchenkreises, mit Pfarrerinnen und Pfarrern und mit den Presbyterien der Kirchengemeinden thematisiert.

„Die Ergebnisse der Studie machen betroffen und werfen viele Fragen auf. Trotzdem gibt es Stellen, an denen wir selbst aktiv werden können“, sagt Sonja Hillebrand, Multiplikatorin und Präventionsfachkraft, Fachstelle Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt des Kirchenkreises: „Die Studie ist ein Auftrag an uns, jetzt etwas zu verändern.“ Dazu gehört auch die Prävention: Im Kirchenkreis haben bereits 358 hauptamtliche Mitarbeitende und knapp 150 ehrenamtliche Jugendliche und junge Erwachsene an Schulungen zur Prävention sexualisierter Gewalt teilgenommen. Haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende müssen regelmäßig ein Erweitertes Führungszeugnis vorlegen.

Einzelne Fälle des Vorwurfs übergriffigen Verhaltens oder sexualisierter Gewalt gab es auch im Kirchenkreis Paderborn. „Bei Verdachtsfällen greifen nach dem Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt festgelegte, standardisierte Handlungsabläufe. Es wird ein Interventionsteam gebildet, um zuallererst betroffene Personen zu unterstützen, eine Klärung herbeizuführen und entsprechende Konsequenzen einzuleiten“, erläutert Sonja Hillebrand.

Die Kurzfassung der ForuM-Studie als PDF zum Download: Zusammenfassung ForuM-Studie

Betroffene können sich wenden an:

Stabsstelle „Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung“, Evangelische Kirche von Westfalen
Ansprechstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt
Kirchenrätin Daniela Fricke
Tel. (0521) 594-308
E-Mail: daniela.fricke@ekvw.de

Fachstelle für Prävention und Intervention Bielefeld, Evangelische Kirche von Westfalen
Meldestelle bei sexualisierter Gewalt durch kirchliche Mitarbeiter*innen (haupt- und ehrenamtlich)
Marion Neuper
Tel. (0521) 594-381
E-Mail: meldestelle@ekvw.de

Fachstelle Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt des Kirchenkreises Paderborn
Multiplikatorin und Präventionsfachkraft
Sonja Hillebrand
Tel. (05251) 5002-57
Mobil: 0171 7484542
E-Mail: sonja.hillebrand@kkpb.de

Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch: 0800 2255530 (kostenfrei und anonym)

Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (kostenfrei und anonym)

Weitere Informationen:

ForuM-Studie: https://www.forum-studie.de/

Arbeit der evangelischen Kirche zum Thema sexualisierte Gewalt: https://www.ekd.de/missbrauch-23975.htm