Gott bei seinem Herzen packen
Mittendrin
Der vergangene Sonntag trägt den Namen „Rogate“, das heißt „Betet!“. Entstanden ist er schon vor der Reformation aus den Bittprozessionen für eine gute Ernte, die vor dem Fest Christi Himmelfahrt stattfanden. Die Menschen wussten um die Abhängigkeiten von der Natur. Ein Hagelschlag konnte die ganze Ernte vernichten. Für uns stellen sich die Fragen nach dem Gebet insgesamt: Warum bete ich? Wann bete ich? Wird mein Gebet erhört? Wie kann ich beten? Das Gebet braucht eigentlich keine besondere Begründung. Wenn Menschen in Not sind, dann beten sie oftmals, ohne groß darüber nachzudenken. „Not lehrt beten“ sagt ein Sprichwort. Aber das Gebet ist mehr als eine geistliche Feuerwehr. Das Gebet möchte auch den Glauben und den Tag strukturieren. Als Morgen- und Abendgebet, als Tischgebet, als Gebet im Gottesdienst.
Für Martin Luther ist das Gebet ein „Reden des Herzens mit Gott in Bitte und Fürbitte, Dank und Anbetung.“ Wir legen Gott nicht nur unsere eigenen Wünsche, sondern auch die Bedürfnisse anderer Menschen ans Herz. Wir beten für Kranke und Leidende, für Trauernde und Einsame, für Menschen in den Kriegs- und Krisengebieten. Das Vaterunser ist das Gebet, das die ganze Welt umspannt. Wir danken Gott für die Hilfe, die wir durch ihn erfahren haben. Wir beten ihn an und werden uns dabei auch unserer eigenen menschlichen Unzulänglichkeit bewußt. Wird unser Gebet auch erhört? „Man muss Gott bei seinem Herzen zu packen verstehen, das ist seine schwache Seite.“ Die spanische Nonne Teresa von Avila ist davon überzeugt, dass Gott Gebete hört und erhört. Durch das Gebet werden wir aber auch selbst in Bewegung versetzt. Denn Gebete möchten auch denjenigen verändern, der sie spricht. Darum: rogate, betet!
Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof-Pfarrbezirk der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Paderborn
Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Mittendrin“ im Westfälischen Volksblatt Paderborn am Samstag, 4. Mai 2024.