Ist die Zukunft nur digital?
Gartengespräch zum Thema „Religion und Medien“ in Bad Lippspringe
Von Jan Globacev
Bad Lippspringe. Im Glaubensgarten auf der Gartenschau Bad Lippspringe haben vier Religionsvertreter über Mediennutzung, Chancen sowie Risiken diskutiert und einen Ausblick gewagt. Wie werden sie künftig am besten nicht nur ihre Gläubigen sondern auch Interessierte und Suchende mit ihren Botschaften erreichen?
Nicht nur in der Pandemie haben neue Wege der Kommunikation Einzug in die Gemeinden gehalten. Religionen waren schon immer auf unterschiedliche Medien zur Verkündigung angewiesen. Angefangen bei den heiligen Schriften in Buchform bis hin zu Onlineangeboten heutzutage.
Moderator Reinhard Brockmann, selbst erfahrener Journalist, stellte generell fest, dass oftmals negativ über Religionen berichtet wird und dass es zunehmend schwieriger wird, seriöse Nachrichten von Falschmeldungen – insbesondere im Internet und in sozialen Netzwerken – zu unterscheiden. Seit 25 Jahren käme es zu Umbrüchen in der Medienlandschaft. Das Internet als Informationsquelle spiele eine große Rolle, zuverlässige Quellen seien notwendiger den je. Er wollte wissen, wie die Religionsgemeinschaften damit umgehen.
Journalist Karl-Martin Flüter von der katholischen Publizistik im Erzbistum Paderborn (Bonifatius-Verlag, „Der Dom“) erklärte, dass eine gute und seriöse Öffentlichkeitsarbeit für seine Kirche von hoher Bedeutung sei. Diese erfolge klassisch über Magazine und Zeitungen, aber auch über Internet und Radio. Bei der journalistischen Arbeit sei es ihm wichtig, nicht nur aus dem kirchlichen Alltag zu berichten, sondern aus dem Leben der Menschen und darüber, was sie bewegt. „Mit guten Geschichten und Qualitätsjournalismus werden wir auch künftig die Menschen erreichen und zwar gedruckt und im Netz“, betonte er die mediale Vielfältigkeit.
Der islamische Theologe und Imam Tuncay Dinckal bedauerte, dass es vielfach eine „grundlos negative Berichterstattung“ über den Islam geben würde. Gerade die jungen Gläubigen in den muslimischen Gemeinden würden Wert auf eine gute religiöse Bildung legen und wären offen für neue Wege der Kommunikation.
Bahá’í-Vertreterin Tahireh Setz, Diplomjuristin aus Warburg, warb für den Umgang mit neuen Medien und betonte die Vorteile: „Insbesondere das Internet kann jedem auf der Suche nach der Wahrheit helfen. Es bietet gute Möglichkeiten, die Herzen der Menschen weltweit zu erreichen.“ In der Vergangenheit habe ihre Religion auch Filme produziert, die bei der Sinnsuche geholfen hätten. Die wichtigsten Quellen seien alle im Internet zu finden.
Für den evangelischen Theologen und Medienexperten Gereon Terhorst sind die neuen Möglichkeiten im Netz nicht mehr wegzudenken. Gerade in der Pandemie hätten die Gemeinden bislang neue Wege und Medien erfolgreich ausprobiert. Sei es ein gedruckter Gottesdienst als Sonntagsspaziergang oder als Übertragung ins Internet oder der digitale Konfirmandenunterricht. „Es braucht Mut, auch neue Wege und Veränderungen auszuprobieren. Gerade Junge Menschen werden eher visuell angesprochen als durch textlastige Gottesdienste”, so seine Erfahrung.
Terhorst, der nach seinem Vikariat in Bad Lippspringe seit Oktober 2020 als Doktorand an der Uni Münster arbeitet, machte aber auch deutlich: „Professionelle Glaubenskommunikation nur im Ehrenamt ist nicht möglich.“ Hier müsste die Kirche finanziell investieren, auch wenn nicht jede Gemeinde eigene Kanäle betreiben müsste; ein Zusammenschluss wäre eine Alternative. Digitale Medien, davon ist er überzeugt, können nur ein erster Schritt sein, um (junge) Menschen anzusprechen und die christliche Botschaft näher zu bringen. Seine Idee: „Der erste Kontakt findet digital im Internet statt, danach folgt die Vernetzung im echten Leben, in der Gemeinde.“ Diese müssten natürlich auch weiterhin vor Ort präsent sein, insbesondere für diejenigen, die nicht digital unterwegs sind. Es handele sich somit auch um eine Generationenfrage.
Jede Gläubige, jeder Interessierte, da sind sich die Diskussionsteilnehmer einig, muss künftig den „Ort“ finden, wo sie oder er sich gerne „aufhält“ – sei es online, vor Ort im Gemeindeleben oder auch bei der Lektüre von religiösen Zeitungen.