Komm rein!

Auf ein Wort

Pfarrerin Elke Hansmann

Pfarrerin Elke Hansmann

Karin stand vor der Tür und überlegte, ob sie wirklich klingeln sollte. An ihrem freien Nachmittag hatte ihre Freundin immer eine Menge zu erledigen, außerdem waren die Kinder gerade von der Schule gekommen und warteten aufs Essen. Karin wusste das. Sollte sie klingeln? Die Diagnose vom Arzt kam unerwartet, und sie brauchte jemanden mit dem sie darüber reden konnte. Aber passen würde es ihrer Freundin im Moment wohl nicht. In ihre Gedanken hinein öffnete sich die Tür: „Was stehst du hier draußen herum? Komm doch rein! Was ist los? Brauchst du etwas?“ Und ihre Freundin zog Karin ins Haus.

Ein solcher Freund, eine solche Freundin ist Gold wert. Es ist leicht gesagt: „Meine Tür steht dir immer offen.“ Aber wenn ein solches Angebot in Anspruch genommen wird, dann passt es eben doch nicht unbedingt oder es ist einem lästig, jetzt auch noch ein offenes Ohr für den anderen zu haben. Wir alle kennen solche Situationen, egal ob wir vor oder hinter der Tür stehen. Wir brauchen aber Orte und Menschen, die uns die Tür öffnen – zu jeder Zeit und egal aus welchem Anlass jemand kommt.

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“, sagt Jesus (Johannes 6,37). Kein Wenn und Aber, keine Bedingung: Die Tür steht offen. Es gibt nichts, was einen Menschen von Jesus fern hält. Egal welche Kleidung, welche Herkunft, welche Meinung jemand vertritt, in welcher Lebenssituation er oder sie steckt, nach welchen Prinzipien jemand lebt, niemand wird zu hören bekommen: „Es passt mir gerade nicht.“ Oder: „Ich habe selbst so viel um die Ohren, da kann ich mich nicht auch noch um deine Probleme kümmern.“ Im Kind in der Krippe und im Mann am Kreuz hat die Liebe Gottes Gestalt gewonnen. Jesus ist diese Liebe in Person, die allen Menschen gilt. Deshalb ist der Zugang zu Jesus frei und offen, immer.

So wie Karin ihrer Freundin vertraut, dass sie sie nicht vor der Tür stehen lässt, trotz der Zweifel, die bleiben, so muss ich das Vertrauen aufbringen, dass ich Jesus willkommen bin, dass er für mich da ist. Ob ich hingehe zu ihm, ob ich bleibe, oder ob ich wieder gehe, ist meine Entscheidung. Wenn ich aber zu ihm gehe, wird er sagen: „Komm rein! Setz dich. Was kann ich für dich tun?“ Was für ein Angebot, was für eine Einladung!

Wir brauchen Orte und Personen, an denen und durch die wir uns willkommen fühlen, so wie wir gerade sind. Jesus ist solch ein Ort, solch eine Person. Dennoch hält sich die Begeisterung vieler Menschen damals wie heute in Grenzen, seine Einladung anzunehmen. Dieser Satz Jesu: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ ist das Motto, die Jahreslosung im Jahr 2022 für viele Christinnen und Christen und zugleich eine umfassende Einladung für jeden Menschen. Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir die Einladung in diesem Jahr immer wieder hören, annehmen und die Tür offen finden.

Elke Hansmann, Pfarrerin im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn

Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 14. Januar 2022.