Wahlentscheidung
Auf ein Wort
Wissen Sie schon, wen Sie am Sonntag wählen werden? Mir fällt es so schwer, wie schon lange nicht mehr. Aber nicht, weil ich alle Parteien für gleich schlecht hielte, sondern ganz im Gegenteil: Ich sehe bei fast allen im Bundestag vertretenen Parteien, dass sie sich ernsthaft bemühen, die richtigen Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu geben. Viele Menschen motzen ja über „die Politiker“, die angeblich nur ihren eigenen Vorteil suchen. Einzelne Skandale gelten dann als Beweis. Ich glaube weiterhin, dass die allermeisten Politiker das Beste für die Menschen in unserem Land bewirken wollen. Und ich bin dankbar, dass wir in unserem Land so viele engagierte und fähige Politiker haben, die nicht auf ihren persönlichen Vorteil bedacht sind, sondern das Wohl der Menschen im Blick haben. Nicht wenige davon aus allen Parteien sind engagierte Christen. Man muss nur mal nach Afghanistan schauen, um zu erkennen, wie wertvoll das ist.
So hängt die Wahlentscheidung dann hauptsächlich davon ab, was mir besonders wichtig ist. Wer hat die besten Antworten auf die Probleme unserer Zeit? Und wer ist wirklich willens, sie auch zu lösen? Ich weiß es nicht, kann’s auch gar nicht wissen. Meine Wahlentscheidung hängt davon ab, wem ich am meisten vertraue. Aber worauf gründet mein Vertrauen? Weniger auf dem, was sie sagen, als mehr auf dem, was sie tun und wie sie es tun. Hören sie auch zu? Kennen sie sich aus? Stehen sie zu ihren Fehlern? Bei Angela Merkel hat mich besonders beeindruckt, wie sie in nächtelangen Verhandlungen immer wieder Kompromisse erreicht hat. Man sieht ihr an, wie sie darüber gealtert ist, aber gerade das hat mein Vertrauen in sie sehr gestärkt.
Mit Gott geht es mir übrigens nicht anders. Er scheint manchmal weit weg und unnahbar zu sein. Und dann kommt es drauf an, ob ich ihm vertrauen kann, dass er es gut mit mir meint und das Beste für mich will. Und nicht nur für mich, sondern für uns alle. Nicht die vielen Worte von uns Pastoren sind da entscheidend, sondern, was Jesus Christus tut: Damals am Kreuz, als er für mich starb und auferstand und heute, wenn ich zu ihm bete, ihn um Rat und Hilfe frage. Und dann spüre ich manchmal sogar seine Nähe (oder bilde ich mir das bloß ein?) und ich weiß, ich kann ihm vertrauen. Darum wähle ich ihn, weil ich von ihm erwählt worden bin. Erwählt nun meinerseits das zu tun, was ich als richtig erkannt habe. So gebe ich nicht nur alle vier Jahre meine Stimme ab, sondern möchte sie auch erheben, dass sich was ändert, zuerst bei mir und dann auch in unserer Gesellschaft, so dass sie immer mehr so wird, wie sich Gott das mit uns vorgestellt hat.
Pfarrer Thomas Walter, Matthäus-Pfarrbezirk der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Paderborn
Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 24. September 2021.