Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter gibt Gebäude auf
Die Beschlüsse wurden auf vier Bezirksversammlungen vorgestellt

Der Komplex des ehemaligen Marienstifts in Höxter soll für Wohnungen vermarktet werden, für die Marienkirche sucht die Kirchengemeinde weiter nach Lösungen und möglichen Kooperationspartnern. Foto: Ev. Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter
Amelunxen/Beverungen/Bruchhausen/Höxter. Der Haushalt der Evangelischen Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter weist derzeit einen Fehlbetrag von ca. 200.000 Euro pro Jahr aus. Die Fixkosten für Personal und Gebäude übersteigen bereits die Einnahmen durch die zugewiesenen Kirchensteuern. Dadurch droht die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinde. Darum ist die Gemeinde gezwungen, sich räumlich zu verkleinern. In den vergangenen Monaten hat das Presbyterium darum Richtungsbeschlüsse gefasst, welche Veränderungen in der Gebäudestruktur angedacht sind. Um diese Beschlüsse sei intensiv gerungen worden, am Ende seien sie aber ohne Gegenstimmen gewesen, teilt die Kirchengemeinde mit. Auf vier Bezirksversammlungen wurden die Beschlüsse jetzt vorgestellt.

Die St. Georgs-Kirche in Amelunxen bleibt im Besitz der Kirchengemeinde, das Gemeindehaus wird veräußert. Foto: Ev. Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter
Bezirk Amelunxen
Im Bezirk Amelunxen wird das Gemeindehaus (Kuhr-Haus) veräußert. Die nötigen Investitionen zum Umbau des Hauses in Mietwohnungen lassen sich aus eigener Kraft nicht wirtschaftlich stemmen, das hat eine vom Presbyterium beauftragte Machbarkeitsstudie ergeben. Im Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“ in Amelunxen wird gemeinsam mit der katholischen Kirchengemeinde in Amelunxen ein Raum angemietet, in dem Gemeindeveranstaltungen stattfinden sollen. Die St.-Georgskirche und der ökumenisch betriebene Lebensgarten bleiben im Besitz der Gemeinde. Um den Lebensgarten weiter betreiben zu können werden Wirtschaftsräume gebraucht (kleine Küche, Toilette, Unterstand für Gerät), für die möglicherweise später Investitionen getätigt werden müssen, eventuell ist hier aber auch eine Vereinbarung mit einem potenziellen Käufer des Gemeindehauses denkbar.

Die Kreuzkirche Beverungen bleibt im Besitz der Kirchengemeinde, das Gemeindezentrum soll auch externen Gruppen zur Nutzung angeboten werden. Foto: Ev. Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter
Bezirk Beverungen
Im Bezirk Beverungen wird es zunächst keine größeren Veränderungen geben. Um die Auslastung des modernen Gemeindezentrums zu steigern und Einnahmen zu generieren, sollen die Räume vermehrt auch externen Gruppen zur zeitweisen Nutzung angeboten werden.

Die evangelische Kirche in Bruchhausen wird zu einem vielfältig nutzbaren Kirchraum umgestaltet, das Gemeindehaus wird veräußert. Foto: Ev. Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter
Bezirk Bruchhausen
Auch im Bezirk Bruchhausen soll das Gemeindehaus (Clara-von-Kanne-Haus) veräußert werden. Die evangelische Kirche wird zu einem vielfältig nutzbaren Kirchraum umgestaltet, der – vorbehaltlich des noch nicht abschließend vorliegenden Immobilienkonzeptes des Erzbistums – auch von der katholischen Kirchengemeinde mitgenutzt werden soll. Größere Gottesdienste können in der katholischen Kirche stattfinden. Dazu liegt ein vielversprechender Entwurf vor. Ob dieser vollständig umgesetzt werden kann ist noch von verschiedenen Faktoren abhängig, in erster Priorität soll die Kirche aber mit einer geeigneten Heizung, einer Küche (und damit einer Teilung in mehrere Räume) und Toilette ausgestattet werden, um verschiedenen Veranstaltungsformaten Raum zu bieten.
Bezirk Höxter
In Höxter hat die Weser-Nethe-Kirchengemeinde den größten Bestand historischer Gebäude mit hohen Betriebs- und Unterhaltungskosten. Mit der Marien- und der Kilianikirche stehen zwei große mittelalterliche Kirche nur wenige hundert Meter auseinander, der Klosterkomplex des ehemaligen Marienstifts steht derzeit zu großen Teilen leer und beherbergt weit mehr Raum, als die Kirchengemeinde selbst nutzen kann. Die laufenden Kosten für den Marienkomplex übersteigen die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde. Sie sind eine wesentliche Ursache für die Haushaltssicherung der Kirchengemeinde.
Eine hierzu vom Presbyterium beauftragte Machbarkeitsstudie empfiehlt der Gemeinde, das Marienstift für die gemeindliche Nutzung aufzugeben und die Gebäude in Wohngebäude für mehrere Parteien umzuwandeln. Diesen Vorschlag hat das Presbyterium sich zu eigen gemacht. Da die prognostizierten Investitionen aus eigener Kraft der Gemeinde nicht zu stemmen sind, hat das Presbyterium beschlossen, den Marienkomplex zu vermarkten und einen Investor für die Entwicklung zu suchen.
Ausgenommen davon ist zunächst die Marienkirche. Diese wird zwar auch zeitnah aus der Nutzung genommen, um die laufenden Kosten zu senken, eine endgültige Entscheidung über ihre Zukunft hat das Presbyterium zunächst für drei Jahre aufgeschoben. Diese Zeit soll genutzt werden, um mögliche Kooperationen zu suchen, die einen Weiterbetrieb der Kirche möglich machen. Klar ist aber auch: Aus eigener allein Kraft ist die Marienkirche neben der Kilianikirche nicht zu halten.

Die Kilianikirche in Höxter bleibt als Zentrum der Verkündigung und der Gemeindearbeit erhalten. Foto: Ev. Weser-Nethe-Kirchengemeinde Höxter
Die stadtbildprägende Kilianikirche bleibt, wie schon die vergangenen 950 Jahre, als Zentrum der Verkündigung in der Stadt erhalten. Die Gemeindearbeit in Höxter soll rund um die Kilianikirche konzentriert werden. Wie genau das aussehen wird ist noch nicht klar. Fakt ist: Geeignete Räume sind nicht fertig, sondern müssen geschaffen werden. Das Presbyterium hat Fachleute der kircheneigenen Bauberatung beauftragt, ein Konzept dafür zu erstellen, das sowohl Räume für Gruppen und Gemeindeveranstaltungen als auch für die Verwaltung der Gemeinde und diakonische Projekte wie Mittagstisch, Deutschkurse für Geflüchtete und Schulmaterialienkammer beinhaltet. Im Fokus stehen dabei neben der Kilianikirche selbst auch das benachbarte Pfarrhaus, in dessen Erdgeschoss Gemeinderäume untergebracht sind. Geprüft wird, ob ein Ankauf des Küsterhauses gegenüber der Kirche (derzeit genutzt vom Standesamt), von dem die Stadt sich trennen möchte, eine wirtschaftliche und praktikable Lösung darstellt. Auch ein Einbau von Gemeinderäumen in die Kilianikirche ist nicht ausgeschlossen. Voraussetzung dafür ist aber ein Plan, der erkennen lässt, dass hier angemessene Gemeindearbeit wirtschaftlich vernünftig möglich ist, ohne zu sehr in den Raumeindruck des ältesten Gebäudes der Kernstadt Höxter einzugreifen.
Wie genau sich die Lösung der Raumfrage in der Kernstadt gestalten wird ist also noch offen. Aber: Mit seinen Beschlüssen hat das Presbyterium eine Richtung vorgegeben, in der nun weiter nach Lösungen gesucht und geplant wird. Die Bauberatung wird mit Hochdruck daran arbeiten, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln und die Höhe der notwendigen Investitionen zu ermitteln. Aufgrund der voraussichtlichen Planungszeiträume wird es wahrscheinlich erforderlich sein in der Zwischenzeit in Übergangsräume auszuweichen, um die enormen Betriebskosten in der Brüderstraße einsparen zu können.
„Der Abschied von lieb gewonnenen Gebäuden, insbesondere von Kirchen, die oft mit wichtigen biografischen Ereignissen verknüpft sind, fällt schwer“, schreibt das Presbyterium in seiner Mitteilung. Es sei sich der Tragweite dieser Beschlüsse bewusst, insbesondere auch der emotionalen Komponente. Gleichzeitig verlange die Vielzahl der großen historischen Gebäude viel Aufmerksamkeit von den Gemeindeleitenden, ganz abgesehen von der enormen finanziellen Belastung für den Gemeindehaushalt. Gleichzeitig sei festzustellen, so das Presbyterium, dass gute Gemeindearbeit nicht zwingend mit Kirchengebäuden verknüpft sei: Das große Tauffest am Pfingstmontag oder die Sommerkirchengottesdienste an wechselnden Orten unter freiem Himmel zeigten, dass gerade solche Projekte, die außerhalb von Kirchenmauern stattfinden, sich großer Beliebtheit erfreuen.
Die Verantwortlichen hoffen, dass eine Verschlankung der Gebäudestruktur andererseits auch Ressourcen freisetzt, neue Formen der Gemeindearbeit und der Verkündigung zu entwickeln und sich wieder mehr auf das Kerngeschäft der Kirchengemeinde zu konzentrieren, nämlich in Wort und Tat Gottes Liebe zu bezeugen.