Am Totensonntag feiern?

Auf ein Wort

Heidrun Greine, Pfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Paderborn

Heidrun Greine, Pfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Paderborn

Menschen sitzen zusammen, essen und sind fröhlich. Man trägt Kostüme und überhaupt ist alles bunt geschmückt. Lichter erhellen die Nacht, man hört Musik und Lachen und angeregte Gespräche. Der Ort dieses Geschehens ist ein Friedhof, es sind die „Dios de los muertos“ (die Tage der Toten) in Mexiko. Vor ca. drei Wochen wurde so gefeiert, wie jedes Jahr ab dem 31.Oktober, die Tage der Toten. Mit Erstaunen, aber auch Neugierde hören die deutschen Studierenden der Studentin zu, die diese Tage selbst in Mexiko erlebt hat und nun von ihren Erfahrungen berichtet. „An diesen Tagen nehmen die Toten wieder einen Platz unter den Lebenden ein“ sagt sie. „Die Erinnerung an sie wird wachgehalten durch Fotos, Geschichten und auch das gemeinsame Essen der Lieblingsgerichte. Die ganze Familie kommt zusammen und man denkt an die verstorbene Oma, den Onkel oder die Freundin.“ Die Toten kommen den Lebenden in dieser Zeit ganz nahe, aber eben nicht gruselig wie in einem Horrorfilm, sondern vertraut und liebevoll. Wie kann man angesichts des Todes feiern und fröhlich sein?

Könnten wir das am kommenden Sonntag auch mal so machen? Vielleicht mit einem Foto und dem Lieblingsessen des oder der Toten? Warum nicht. Wir sind hier nicht in Mexiko und können die dortigen Traditionen nicht einfach übernehmen, aber vielleicht gibt uns diese Tradition eine Anregung dazu, uns in anderer Weise mit dem Tod zu beschäftigen und den Toten, zumindest an den Gedenktagen, einen Platz in unserem Leben zu geben. In der christlichen Tradition hat der Tod nicht das letzte Wort und bedeutet nicht das Ende, sondern die Fortsetzung des Lebens bei Gott. Sollte man das nicht fröhlich feiern? Vielleicht sind Sie jetzt neugierig geworden und schauen sich mal die Berichte zu den „Dios de los muertos“ im Internet oder den sozialen Medien an. Vielleicht finden Sie dabei die ein oder andere Anregung für einen guten „Totensonntag“ auch bei uns. Ich denke, wir werden nach dem Besuch auf dem Friedhof nach Hause gehen, ein Foto aufstellen, ein weiteres Gedeck auflegen und Königsberger Klopse essen. Und was gibt es bei Ihnen?

Heidrun Greine, Studierendenpfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Paderborn

Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 18. November 2022.